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Es werden Posts vom Juni, 2021 angezeigt.

Ein Halbes vom Mond

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  Prolog In einem Wiener Spital strahlt kalt und hell das weiße Neonlicht über dem Flur der Intensivstation. Leise quietschen die Gummisohlen des Personals auf dem frisch gewischten Fußboden. Und genauso leise sprechen auch die Ärzte und Schwestern miteinander. Alles ist steril, selbst die Luft zum Atmen schmeckt steril. Die junge Frau schaut traurig in sein geschundenes Gesicht. Ihre Blicke gleiten über seinen bandagierten Kopf und weiter zu den Monitoren, die jedes Vitalzeichen seines Körpers aufzeichnen. Leise tönt das monotone Piepsen seiner Herzschläge. Es sind die einzigen Geräusche in diesem Zimmer.  Der Mond scheint hell durch das Fenster - ein halber Mond, wie durchgeschnitten, auf den Mann, der nur noch zur Hälfte Leben in sich zu haben scheint. Zwei Mal ein Halbes, denkt sie, und doch kein Ganzes. Sie steht am Fußende des Intensivbettes, in dem Ron um sein Leben kämpft. Ron, der Taxifahrer, der sie in seinem Taxi noch vor wenigen Tagen zum Flughafen gefahren hatte. An diese

Sonntagmorgen im Sommer

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Wer kennt ihn nicht, diesen Sonntagmorgen, wenn es trotz des offenen Fensters warm im Schlafzimmer ist und wenn das zarte Singen der Nachtigall, das Gezwitscher der Amseln und später das neckische Gezanke der Spatzen einen nicht mehr einschlafen lässt. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob wochentags der Wecker unbarmherzig am frühen Morgen klingelt, bis man ihn mit noch geschlossenen Augen findet und ausdrückt, oder ob man an einem Sonntagmorgen im Sommer zur gleichen Zeit von alleine erwacht. Es ist die innere Freude auf den freien Tag, auf das ausgiebige Frühstück und die Ruhe, auf einen geplanten Ausflug oder das Genießen, einmal nichts zu tun. An diesem Sonntagmorgen meinen es die Amseln besonders gut mit ihrem Gezwitscher und ich merke, dass ich nicht zurückfinde in den Schlaf. Ich greife zu meinem Krimi, drücke auf die Taste am Kaffeeautomaten und schleiche mich leise mit meiner duftenden Kaffeetasse aus dem Haus. Fast wäre mir vor dem alten Schuppen eine Schwalbe ins Gesicht