Ein Herbsttag mit Überraschungen bei Familie Trautzsch
Edeltraut Trautzsch blickte besorgt aus dem Küchenfenster zu ihrem Mann, der blass und erschöpft auf der Gartenliege schlief. Noch gestern hatte er genüsslich die von ihr zubereiteten Waldpilze verspeist und ihre Kochkünste gelobt. Doch jetzt? Sie machte sich Sorgen um ihren Herbert.
Dabei hatte der Tag so entspannt begonnen. Die warme Herbstsonne hatte das Ehepaar Herbert und Edeltraut Trautzsch hinaus ins Freie gelockt. Die Luft roch würzig - nach Laub, Holz und Moos. Rote und gelbe Farben dominierten in der Natur. Sie waren auf ihre Fahrräder gestiegen und im nahen Wald auf Pilzsuche gegangen. Es hatte auch nicht lange gedauert bis der Korb mit Steinpilzen gefüllt war. Herbert wollte unbedingt noch eine Krause Glucke mitnehmen, die Edeltraut jedoch ablehnend begutachtete. "Herbertchen, ich weiß nicht, die hat ihre besten Tage hinter sich!", meinte sie. Doch Herbert bestand auf seiner Pilzmahlzeit, welche am Abend frisch zubereitet, herrlich würzig duftete. "Edeltraut! Mir schmeckt's!", schmatzte er zufrieden.In der Nacht schmeckte sie dann doch nicht mehr. Die Krause Glucke suchte stündlich ihren Weg nach draußen und schwächte Herrn Trautzsch, der von seiner Gattin umsorgt wurde. "Siehst du, Herbertchen, hättest du nur auf mich gehört. Meine Steinpilze waren frisch und mir geht es gut", murmelte Edeltraut Trautzsch vor sich hin.
Gegen Mittag schien die Sonne noch einmal warm und sie stellte für Herbert die Gartenliege unter der Birke zurecht. Edeltraut legte eine Decke, ein Kissen und die Zeitung dazu, hörte durch das offene Badfenster die Spülung und stützte ihren Mann kurz darauf auf dem Weg zur Liege. Es dauerte auch nicht lange und Herbert war eingeschlafen.
Während Frau Trautzsch mit einer Nachbarin telefonierte, schaute sie aus dem Fenster und klopfte energisch gegen die Glasscheibe. Wie so oft lief ein Fuchs quer durch den Garten. Gemächlich spazierte dieser von der Einfahrt quer über den Rasen, setzte sich dort, verweilte und schaute sich um.
Edeltraut Trautzsch, von Natur aus eine resolute Frau, brachte so schnell nichts aus der Ruhe. Sie schien sich mit ihren fast 70 Jahren vor nichts zu fürchten - außer vor dem Fuchsbandwurm. Und genau deshalb war sie stets auf der Hut, den ungebetenen Gast aus dem Garten zu vertreiben. Doch der machte sich nichts aus ihren Tiraden. Im Gegenteil! Nachts, wenn er sich sicher fühlte, schlich der Fuchs zum Eingang des Hauses von Herbert und Edeltraut Trautzsch, nahm jeweils einen Gartenschuh und versteckte diese im Garten. Dann kicherte er vor sich hin und wartete voller Schadenfreude auf den Morgen, wenn das Rentnerehepaar suchend nach den Schuhen durch den Garten lief.
Mit den Worten: "Helene, ich muss auflegen. Ich rufe dich nachher zurück, bevor wir die neue Feuerschale einweihen. Ich hoffe, Herbert geht es dann besser.", beendete sie ihr Telefonat und warf erbost mit einer Wäscheklammer nach dem Fuchs. Diese traf ihn am Kopf und er sprang erschrocken davon. Aber die Klammer flog vom Kopf des Fuchses noch weiter; genau auf das linke Auge ihres schlafenden Herberts. Edeltraut hielt sich die Hand vor den Mund und hoffte, ihr Mann hätte es nicht gemerkt. So war es dann auch, Herr Trautzsch war so erschöpft, dass er den Treffer mit der Wäscheklammer nicht bemerkte.
Herbert Trautzsch erwachte erst, als er die typische Melodie des italienischen Eiswagens hörte, der jeden Sonntag vor seinem Haus hielt. Wenn er, noch nicht ganz wach vom Mittagsschlaf, zum Tor schlurfte und mit je einer Kugel Gelato für sich und seine Frau zurückkam. Nur heute nicht, die Übelkeit hatte zwar nachgelassen aber ein Tee wäre ihm jetzt doch lieber als Stracciatellaeis. Er öffnete müde die Augen und hörte zeitgleich einen Schrei und das Zerspringen der Teetasse, die Frau Trautzsch ihm bringen wollte aber just hatte fallenlassen.
Beide sahen sie den Fuchs! Der saß mit erhobenem Schwanz inmitten ihrer nagelneuen Feuerschale und lachte. "Oh nee, ich kann nicht mehr", flüsterte Herbert Trautzsch. Ihm wurde die Assoziation des Bildes, das er sah, bewusst und erschöpft schloss er die Augen.
Ende
PS 1: Vielen Dank, Marèn und Thomas, für das Foto 🦊. Ohne dieses Bild wäre die Geschichte nicht entstanden 😅.
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