Vom Karli, der nachts keine Angst mehr hatte

 


Karl, den alle nur Karli nannten, war ein fröhlicher Junge mit Sommersprossen, blauen Augen und Haaren, die genauso braun waren wie Gustel, der kleine Hund, und die stets nach allen Seiten von seinem Kopf abstanden. Seit ein paar Monaten versuchte Karli genau wie sein Papa sie am Morgen mit einem nassen Kamm zu kämmen und mit etwas Gel zu einer Frisur zu formen. Karli ging seit ein paar Monaten zur Schule und durfte sogar schon vom Schulbus alleine nach Hause gehen.

Das einzige wovor sich Karli fürchtete, war die Dunkelheit in seinem Zimmer, wenn die Sonne unterging. Neben seinem Bett stand  noch immer das kleine Nachtlicht, das ihm schon seit vielen Jahren leuchtete, wenn er nachts wach wurde. Und doch traute er sich in der Nacht nicht zur Toilette zu gehen  - im Flur könnten ja Gespenster auf ihn warten. Mama und Papa waren ratlos.

Erst der Weihnachtsmann kam auf eine wunderbare Idee. Am Weihnachtsabend, als er bei Karlis Familie im Wohnzimmer die bunten Päckchen aus dem Geschenkesack hervorholte, überreichte er dem Jungen ein kleines Päckchen. Das grüne Geschenkpapier war mit Hirschen und Schneeflocken bedruckt. Aufgeregt öffnete Karli das goldene Schleifenband und holte aus der kleinen Schachtel eine silberne Taschenlampe hervor. Der Weihnachtsmann zwinkerte lachend Karlis Eltern zu und strich dem überraschten Jungen behutsam über das Haar. Während Gustel, der kleine Hund der Familie, immer wieder mit dem Geschenkpapier durch das Wohnzimmer tollte, freute sich Karli über die Taschenlampe.

In der Schachtel lagen auch kleine Schablonen. Was hatte es damit wohl auf sich? Papa legte die erste Schablone auf die Taschenlampe und drückte sie fest. Als er das Licht anknipste und die Decke des Wohnzimmers anleuchtete, entdeckte Karli dort viele Sterne. Mit einer anderen Schablone zauberte Papa das Bild eines Tannenbaums. Insgesamt zehn Schablonen ließen die Augen des Jungen freudig strahlen - ein Auto, ein Schneemann, eine Schneeflocke, Blumen, ein Delfin und verschiedene andere Motive leuchteten im Wohnzimmer an der Decke oder an der Wand über dem Sofa. Als Karli später in seinem Kinderbett lag, leuchtete er mit der Taschenlampe unter den Schrank und in die Ecke neben dem Schreibtisch. Hier waren definitiv keine Gespenster und auch keine kleinen Monster. Mama gab ihm einen Gute Nacht Kuss und klickte die Schablone mit den Sternen auf die Taschenlampe. Karli schlief in dieser Nacht unter einem Sternenhimmel ein.

Aber was für alle die größte Freude war, geschah am nächsten Abend. Das erste Mal traute es sich Karli, seinen Papa und Gustel beim abendlichen Gassi gehen zu begleiten. Mit seiner neuen Taschenlampe leuchtete er den Weg. Und wenn das Licht der Taschenlampe dabei manchmal in die Fenster der Nachbarn schien, dann gab es immer viel Freude. Frau Schäumli, die gern badete, planschte dann mit Delfinen um die Wette, wenn Karli die Delfinschablone aufgelegt hatte. Oder Herr Blinzel, der ständig seine Brille verlegte, und der sich dann wunderte, warum Frau Blinzel so zugenommen hatte, dabei war es die Schablone mit dem Schneemann auf der Taschenlampe. Und die kleine Lilly von Familie Bäckchen, die vor Freude in die Hände klatschte, wenn Karlis Schneeflockenschablone ihr tanzende Schneeflocken vorgaukelte. So vergingen die ersten Wochen im Januar und nach wenigen Tagen wussten alle Leute in der Straße, dass Karli keine Angst mehr vor der Dunkelheit hatte.


Ende

 




 

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