Knut's Knutfest

 


"Ausgerechnet mir muss das passieren!", knurrte Knut mürrisch vor sich hin. Als ob er heute nicht schon oft genug der Lacher des Abends war. Fast jeder, der ihn kannte, hatte einen Spruch für ihn. Ob es denn Knut's eigenes Fest wäre oder, ob er in Schweden so bekannt wäre, dass man das Knutfest nach ihm benannt habe. Und nun auch noch die Kommentare, dass er auf gar keinen Fall zum Verkäufer für Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt umschulen solle; oder die Frage, ob er mit seinen Händen grad die Temperatur des Wasser fühlen würde.

Knut saß in seiner Feuerwehruniform am fast niedergebrannten Feuer und hielt seine geschwollenen Hände in eine Schüssel mit kaltem Wasser. Im Laufe des Abends hatte er beim Verkauf der Bratwürste mitgeholfen und wollte nur den Frauen am Getränkestand behilflich sein, den Topf mit dem Glühwein vom Herd zu nehmen. Aber genauso schnell wie er zugriff, ließ er den Topf wieder los. Die Henkel des Topfes waren genauso heiß wie der Glühwein selbst. Beide Hände waren binnen Minuten mit Blasen übersät.

Einer der jüngeren Kameraden witzelte: "Knut, soll ich einen Sanitäter rufen?". "Mensch,  hau bloß ab! Ich werd' dir gleich helfen, Freundchen", grinste nun auch Knut.

"Die Blasen dürfen Sie aber nicht aufpieksen!", empfahl ihm eine Frau, die schnellen Schrittes einen Zwillingskinderwagen vor sich her schob. Knut lächelte müde und schaute auf die letzten Weihnachtsbaumgerippe, die aus dem Feuer ragten.

Dabei hatte der Abend so vielversprechend begonnen. Tagelang rollten mit Tannenbäumen bestückte Bollerwagen, Handwagen oder Fahrradanhänger durch das Tor der Freiwilligen Feuerwehr. Väter und Großväter brachten die halbvertrockneten Weihnachtsbäume für das bevorstehende Knutfest. Manche der Bäume waren erst Stunden zuvor abgeschmückt worden, andere standen schon ein paar Tage in Hofeinfahrten oder neben Mülltonnen.

Nun lagen die unzähligen Weihnachtsbäume, ob mit oder ohne Nadeln, übereinandergeschichtet an der Feuerstelle. Ein Gartenschlauch lag für den Notfall bereit. Wenn der Fackelumzug das Gelände der Feuerwehr erreichen würde, könnte das Feuer schon von weitem zu sehen sein.

Knut hörte sie kommen, als er die ersten Bratwürste auf den Grill legte - Eltern mit ihren Kindern, die bunte Lampions und Fackeln trugen, und zum Schluss des Umzuges das alte Feuerwehrauto, in dem einige Kinder des Kindergartens mitfahren durften.

Und dann der Moment, als Bernhard, der Wehrleiter, die Fackel auf den Stapel der Weihnachtsbäume warf. Kinder klatschen und Väter pfiffen ausgelassen, während die Frauen einen Schritt zurücktraten. Dann wurde es plötzlich ganz still. Alle schauten auf das Feuer und hingen ihren ganz eigenen Gedanken nach. Manch einer dachte an das zurückliegende Weihnachtsfest, manch einer an ein missglücktes Weihnachtsgeschenk, ein anderer vielleicht an ein Feuer in den Raunächten, vielleicht auch an ein romantisches Feuer in einer Sommernacht vor langer Zeit - oder einfach an gar nichts.

Bis allen der Duft von Bratwurst, Kinderpunsch und Glühwein in die Nase stieg. Da wurden die Großen und Kleinen plötzlich wieder lebendig und vor Knuts Grill bildete sich eine lange Schlange. Mit wachem Auge schaute er zur Hüpfburg, ermahnte ein paar Jugendliche sich nicht zu dicht an das Feuer zu stellen und ....  griff später beherzt am Glühweintopf zu.

Und während Knut noch immer seine Hände kühlte, sprach zu ihm eine Stimme, die er lange nicht gehört hatte: "Ich glaub' mich knutscht ein Elch! Bist du das, Knut?". Und Knut sah einen Mann vor sich, der in Kinderzeiten sein bester Freund war. Plötzlich war Knut nicht mehr müde und der Abend war noch lange nicht zu Ende .......

Kommentare