Eine italienische Katze - un gatto italiano





Träge und satt lag die rothaarige Katze in der Sonne. Es duftete nach dem leckeren Essen und frischen Kräutern aus der Küche der gemütlichen Trattoria. Anders als im Sommer, wenn dann der schwere Geruch nach reifem Obst, Vino Rosso und schwitzenden Menschen in der Luft hing.

Menschen waren der Katze suspekt. Sie ließ sich auch nur von der Nonna streicheln - am liebsten auf deren Schoss. Die Nonna stammte aus Palermo, duftete immer nach Essen und strahlte eine Ruhe aus, wie nur Katzen es lieben. Wenn sie mit ihren faltigen Händen über deren Rücken strich oder ihren Nacken kraulte, dann schnurrte die Katze und genoss diese Berührungen mit geschlossenen Augen.

Gerade war nicht viel los in der Trattoria. Vielleicht später, wenn die Italiener zum Abendessen kommen würden. Dann war es zwar laut aber die Worte waren freundlich und zeugten vom Temperament der Frauen und der Gelassenheit der Männer.

Die Katze sah den Hügel hinab. Die Felder wölbten sich wie sanfte Wellen. Das satte Grün der Erde, der blaue Himmel und irgendwie dazwischen weißer Jasmin und Blauregen. Das war die Toscana im Frühling. Wunderschön!

Die rothaarige Katze drehte ihren Kopf - aber nur etwas. Sie hörte ein Ehepaar  streiten. "Nur weil ich nicht gleich geantwortet habe, heisst das nicht, dass ich dich nicht verstanden habe ", sagte der Mann und lacht blöd. Die Frau sah traurig aus und schaute hinauf in das Dach aus Blauregen, das schien sie zu beruhigen.

Ein anderes Ehepaar lief mit einem riesigen Hund vorbei, den der Mann mit seinem Wiener Schmäh ANTONIO nannte. 'Der Mann könnte der Vater der jungen Frau sein', dachte sich die Katze. Antonio blieb mehrmals stehen und witterte die Düfte, die aus der Küche der Trattoria drangen. Später fuhren die Drei in ihrem Alfa Spider Cabrio vorbei und Antonios Schlappohren flatterten im Wind.

Jetzt kam eine Frau und setzte sich an den kleinen Tisch neben der Tür. Sie trug eine Brille mit dunklem Rahmen, die ihr ein strenges Aussehen verlieh. Erste graue Haare durchzogen ihr kurzes, welliges, schwarzes Haar. Kaum war die Frau fünf Minuten hier, drehte sich die Katze weg. Während sie nämlich die Karte studierte, zog die Frau ständig laut ihre Nase hoch - ununterbrochen. Das war sehr unappetitlich und der Katze zuviel. Langsam und geräuschlos schlich sie in die Küche. "No, no, no, mia Cara, no.", sagte die Nonna zu ihr. Sie hatte keine Zeit.

Die Katze ließ sich wieder fallen, gähnte und streckte sich. Die Gäste kamen und gingen - und auch die Zeit verging. Drei Frauen betraten die Terrasse und ließen sich einen Tisch mit Blick in den Garten geben. Sie lachten und trugen bunte Tüten bei sich. Eine der drei Frauen entdeckte die Katze und lockte sie mit leisen Worten und langsamen Bewegungen. Die Katze wurde neugierig. Die Frau sah nett aus, war etwas jünger als die Nonna in der Küche und roch auch ganz anders. Als die Frau sich langsam erhob und vorsichtig auf die Katze zukam, setzte sich diese auf. Die Hände der Frau waren warm und weich, als sie über das rote Fell strich. Die Frau flüsterte leise und die Katze genoss das Streicheln.

Auch dem Patrone, der in Sizilien viele Geschäfte machte, gefielen anscheinend die drei neuen Gäste. Er brachte ihnen persönlich die Karte, fragte die Frauen nach ihren Namen und woher sie kamen. 'Oh neee, bestimmt singt der auch gleich wieder', dachte die Katze. Und tatsächlich, als er mit drei Gläsern auf einem Tablett aus der Trattoria kam, trällerte er aus der Oper "Tosca" für die drei Frauen.

Die Katze erhob sich und ging zurück in die Küche. Dort würde die Nonna sie streicheln und ihr vielleicht ein kleines Leckerli geben. 



Ende

PS: Herzlichen Dank in den Norden, unbekannterweise! Das Foto ist perfekt, genauso habe ich mir die Katze vorgestellt, un Gatto italiano.  






 


Kommentare

  1. Wie beruhigend, man folgt der Katze und möchte in Italien sein. Danke, liebe Frau Keller, und viele schöne Eindrücke in dem Sonnenland.

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