Das vierte Weihnachtspaket 🎄🎁🕯🕯🕯🕯

 


Dieses Weihnachtsgeschenk, welches für Helenes Schwester Valerie in der Toscana bestimmt war, hatte Helene rechtzeitig nach Italien geschickt.
Doch gestern war ein Postbote bei Frau Trautzsch nebenan, um das Paket ungeöffnet und als unzustellbar an Helene zurückzugegeben. Irgendetwas stimmte wohl mit der Adresse nicht, vielleicht ein Zahlendreher in der Postleitzahl. Helene war traurig.

Valerie wollte das erste Weihnachtsfest in ihrem neuen Zuhause und mit ihrem neuen Partner feiern; Valerie war gespannt auf die typischen Weihnachtstraditionen der Italiener. Helene konnte das zwar verstehen, vermisste ihre Schwester jedoch sehr. Noch nie hatten sie Weihnachten ohne einander verbracht.

'Meine Mama in der Reha, Papa bei ihr an der Ostsee und meine Schwester mit ihrer grande Amore im fernen Italien.', das waren Helenes Gedanken, als sie am 23. Dezember morgens erwachte. Ada und Albert schliefen noch, ihr Mann war voraussichtlich bis zum Abend im Büro und jegliche Vorfreude auf das Weihnachtsfest war kleiner, als die knackenden Tannenzapfen an der noch ungeschmückten Tanne im Wohnzimmer. Sie gähnte laut, schlurfte langsam ins Bad und steckte ihr langes rotes Haar zu einem Dutt, damit sie die heiße morgendliche Dusche ausgiebig genießen konnte. Der Spiegel war von der Feuchtigkeit im Bad ganz beschlagen, während sich Helene danach das weiche graue Badetuch um ihren nassen Körper wickelte.

Am Nachmittag, nachdem Ada und Albert zum hundertsten Mal gefragt hatten, ob es in der Weihnachtsnacht schneien würde, und als die Gans knusprig braun zum Abkühlen auf dem Küchentisch stand, blickte Helene auf das Paket mit dem Weihnachtsgeschenk für Valerie. Entschlossen griff sie zum Telefon und rief Valerie an. Nachdem die Schwestern das Gespräch beendet hatten, staunten Ada und Albert, die gerade ein Weihnachtsmärchen schauten, wie Helene durch die Wohnung flitzte und alles zusammensuchte, was nach Weihnachten aussah.

"Wir fahren nach Italien!", verkündete sie freudig und knipste mit der Fernbedienung das Weihnachtsmärchen aus. Ada und Albert schauten sich an, stießen einen Freudenschrei aus und begannen ihre nötigen Sachen in  Taschen zu packen. Nachdem Helene kurzatmig und mit kaltem Gesicht wieder in die Wohnung zurückkehrte, fand sie ihre Zwillinge mit Badesachen und Schnorcheln in ihrem Kinderzimmer. "Hey, ihr Beiden. Nix da, auch in Italien ist es zu Weihnachten kalt. Los, packt euch warme Sachen in die Taschen."

Als sie am Abend vor Papas Büro eingeparkt hatten, war die Tanne auf dem Autodach verrutscht und im Auto roch es nach der knusprigen Weihnachtsgans. Zwischen Ada und Albert lag auf der Rückbank das Weihnachtsgeschenk für Valerie. Helene drückte auf die Hupe und winkte freudig hinauf zum einzig beleuchteten Fenster in der fünften Etage des Bürokomplexes. Vor dem Hochhaus strahlte ein beleuchteter Weihnachtsbaum. Helene dachte an die lange Fahrt die vor ihnen lag. Aber diese konnte ihre Freude auf Valerie nicht schmälern. Sie würden sich mit dem Fahren abwechseln und die Zwillinge schliefen sowieso auf der Rückbank.

Vor dem Brenner machten sie eine längere Pause und tranken einen Kaffee. Zu gern hätte Papa von der leckeren Weihnachtsgans gekostet aber die Zwillinge passten sehr gut auf den Braten in der Kühlbox auf.

Zum Sonnenaufgang waren sie der Toscana schon nah. Und nach einer weiteren Stunde erreichten sie die Weinberge, die Zypressen gesäumten Alleen und fuhren an den für die Toscana typischen ländlichen Häusern vorbei. Helene fuhr an die rechte Straßenseite und hielt für einen Moment an. Im Auto war es ganz leise, alle schliefen. Helene blickte in das Tal und schloss danach die Augen. Sie atmete tief ein. Ein wunderbares Gefühl durchströmte sie. Als sie begann zu frieren, stieg Helene wieder in das Auto. Von Norden her zogen dunkle Wolken auf. Wahrscheinlich würde bald Regen einsetzen. In den deutschen Nachrichten hatte der Wetterbericht von Schnee gesprochen. Helene war froh, wenn sie jetzt im Autoradio überhaupt ein Wort Italienisch verstand. Aber wie das Wetter werden würde, das hatte sie nicht übersetzen können.

Pünktlich zum Frühstück parkte Helene das Auto vor dem Casa ihrer Schwester und weckte ihre Familie. Verschlafen streckten sich alle und staunten über den wunderschönen Garten. Valerie hatte den Garten mit viel Liebe erweitert. Es war eine große Freude, als Valerie ihre Familie begrüßte und alle gemeinsam das Auto ausluden.

Als später der deutsche Weihnachtsbaum geschmückt in Valeries Wohnzimmer stand, erklärte Valerie ihrer Familie, wie Weihnachten in Italien gefeiert wird. "In Italien ist der Heiligabend eher der Vorabend vom Weihnachtsfest und auch gibt es an diesem Tag kein Fleisch sondern stattdessen zum Beispiel Pasta mit Meeresfrüchten.", erklärte Valerie. "Auch die Geschenke gibt es erst am Morgen des 1. Feiertages.  Der 25. Dezember ist dann der große Familien- und Festtag.", ergänzte sie. Da Ada und Albert alt genug waren andere Traditionen zu verstehen, ließen sich die Beiden darauf ein. Sie erforschten das gemütlich eingerichtete Casa und den wunderschönen Garten. Vom Garten aus konnten sie auf die zauberhafte kleine Stadt Pienza sehen und freundeten sich am Nachmittag mit Valeries neuem Partner an, der neugierig Valeries Familie begrüßte.

Am Abend zog ein leckerer Duft aus der geräumigen Küche durch das ganze Casa. Das Essen war so lecker, dass nichts davon übrig blieb.
Müde von der Fahrt und den vielen Eindrücken schliefen Ada und Albert zeitig ein. Helene streichelte ihre Gesichter und wünschte ihnen eine schöne Weihnachtsnacht. Noch lange saßen die Erwachsenen zusammen und  kosteten von den Rotweinen der Region.

Später, als es im Haus still war, legte Helene die Weihnachtsgeschenke unter den Tannenbaum. Das in silbernes Geschenkpapier verpackte Weihnachtsgeschenk für Valerie, das schon einmal auf der Reise hier her war, legte sie ganz obendrauf. Es glänzte genauso hell wie der Mond am Abend. "La Luna" flüsterte sie. Doch als Helene aus dem Fenster schaute, sah sie, wie die ersten Schneeflocken den Garten und das beschauliche Pienza bedeckten. "Buon Natale" flüsterte Helene.




Ende

Kommentare

  1. Aber war war im Weihnachtspäckchen? Wir werden neugierig entlassen aus der interessanten Geschichte. Bewundernswert der Ehemann, der ohne zu murren gleich mit nach Italien fuhr. So flexibel wünscht sich wohl jede Frau ihren Partner. Jedenfalls wieder eine sehr anregende Geschichte. Viele Dank dafür und eine schöne Weihnachtszeit in Deutschland wünscht Christel P.

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