Der Duft von Augustäpfeln - Teil 2






Es ist wieder ein warmer Sommertag, als sie durch den Garten geht. Noch vor dem Fliederbusch nimmt sie den Duft der Augustäpfel wahr. Schwach hängen die Blätter an den Büschen ringsum und sie dreht den Wasserhahn auf. Kleine Tropfen schießen in alle Richtungen und erfrischen die Blätter. Auch auf den Blättern am Apfelbaum glänzen kurze Zeit später die Tropfen in der Abendsonne.




Sie setzt sich auf die Gartenbank, schließt die Augen und atmet den aromatischen Duft der Augustäpfel ein. Sehr lange sind die Kindheitserinnerungen her, die sie damit verbindet, wenn sie heimlich im Garten der Großeltern die untersten Äpfel vom Baum gepflückt und gegessen hat.





Zu Beginn der ersten Schulferien saß sie als kleines Mädchen im Linienbus, der hinaus aufs Land fuhr. Sie sah, wie die Stadt hinter ihr kleiner wurde und später staunte sie über die großen Felder. Die Straße wurde zu einer Allee mit großen, alten Bäumen und immer weiter ging die Fahrt. An einer Haltestelle, war ein Gehöft und manchmal tummelten sich kleine Ferkel dort, die das Mädchen von ihrem Sitz im Bus sehen konnte. Dann wusste sie auch, dass an der nächsten Haltestelle die Großeltern auf sie warten würden.

Der Dackel Jussi sprang dann an dem kleinen Mädchen hoch und winselte vor Freude, dass sie wieder mit ihm spielen würde. Der treue Jussi vergaß das kleine Mädchen nie. Und wenn die Zeit der Augustäpfel nahte, hatte die Oma die weiße Schüssel mit dem dunkelblauen Rand auf dem Tisch im Garten, um die Äpfel gleich zu verarbeiten. Zum Ende der Ferien wurde das kleine Mädchen dann immer von Mama und Papa abgeholt. Doch bevor sie zusammen nach Hause fuhren, verbrachten sie noch ein paar Tage gemeinsam im Haus und im Garten mit den Großeltern.





Sie steht  mit einem kleinen Apfel in ihrer Hand in der Abendsonne ihres eigenen Gartens. Längst hat sie selbst Kinder. Und dann lächelt sie beim Anblick und Duft des kleinen Apfels. Sie wünscht sich noch einmal für einen Tag das kleine Mädchen zu sein - unbekümmert und behütet. Im Stillen dankt sie den Großeltern für diese wundervolle Zeit und die liebevollen Erinnerungen. 




PS: Für meine Johanna, die sehr gern mit mir auf Spurensuche in die Vergangenheit geht.